Cochlea-Implantat eröffnet tauben Menschen die Hörwelt
Hörschäden können sowohl angeboren als auch in Form der Altersschwerhörigkeit erworben sein. Ist der Hörnerv intakt, hilft ein Hör-Implantat. Allein in Deutschland leiden schätzungsweise rund 15 Millionen Menschen unter einer eingeschränkten Hörfähigkeit. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und reichen von der Altersschwerhörigkeit über Infektionen bis hin zu chronischen Lärmschädigungen durch Beruf und Alltag. Schwerhörigkeit oder gar Taubheit kann aber auch angeboren sein. Für taub geborene Kinder hat die Unfähigkeit Laute und Töne wahrzunehmen weitreichende Folgen. Denn ohne Gehör entwickelte sich auch keine Sprachfähigkeit.
Bionische Prothesen
Um diese Kinder aus ihrer stummen Welt zu holen und an der akustischen Welt teilhaben zu lassen, werden ihnen mit großem Erfolg Innenohrprothesen implantiert. Diese Formen der Implantate ersetzen einen Teil des menschlichen Gehörs und werden als bionische Prothesen bezeichnet, da ein Mechanismus die Sinnesinformation in elektrische Impulse umwandelt und an das Gehirn weiterleitet. Die Prothese wird quasi zwischen Reiz und Empfindung geschaltet. Im Unterschied zu Retina-Implantaten, welche ein zweidimensionales Sinnesfeld abbilden, ist das Sinnensfeld des Innenohrs lediglich eindimensional und damit leichter umsetzbar.
Hören mit dem Cochlear-Implantat
Ein Cochlear-Implantat eignet sich nur für Patienten, bei denen der Hörnerv unbeschädigt ist. Das System übernimmt die Funktion zerstörter Haarsinneszellen im Innenohr. Das Implantat ist nach dem lateinischen Begriff für das Innenohr, der "Hörschnecke", benannt.
Beim normalen Hörvorgang bringen die Schallwellen – abhängig von ihrer Frequenz – die Basilarmembran zum Schwingen. Dadurch werden feine Haarzellen auf der Membran in Erregung versetzt. Der Hörnerv greift diese Signale ab und leitet sie an das Gehirn weiter. Im Hörzentrum des Gehirns entstehen dann Geräusch- und Toneindrücke.
Sterben die Haarzellen ab oder sind sie in nur geringer Menge vorhanden, so kann ein akustischer Reiz nicht mehr in elektrische Signale umgewandelt werden. Hier kann nun das Cochlear-Implantat helfen: Es besteht aus einem Mikrofon, einem Sprachprozessor und einer Sendespule. Hinter dem Ohr wird ein Empfänger in den Schädelknochen implantiert, der über Kabel mit Elektroden im Innenohr verbunden ist. Die Elektroden reizen nun – an Stelle der Haarsinneszellen – den Hörnerv. Obwohl bei einfachen Implantaten dieser Art nur 16 verschiedene Orte erregt werden, ist es möglich, zu lernen, Sprache zu hören und zu verstehen. Die ist allein durch die enorme Lernfähigkeit des menschlichen Gehirns möglich.
Hörscreening bei Neugeborenen
Statistisch weisen von 1000 Neugeborenen bis zu drei eine beidseitige Hörstörung auf. Ab sechs bis neun Monaten kann ein Cochlea-Implantat eingesetzt werden. Die Kosten für Hörtests bei Neugeborenen übernehmen seit Anfang 2009 die gesetzlichen Krankenkassen. Durchgeführt wird der Test kurz nach der Geburt, spätestens ist er jedoch mit der U2 fällig. Dabei überprüft ein Gerät die Funktion der Haarzellen des Innenohres, die akustische Reize in Sinnenswahrnehmung übersetzen. Mit dieser Methode lässt sich eine Hörstörung mit 98-prozentiger Sicherheit erfassen. Je früher Hörstörungen erkannt und behandelt werden, desto leichter fällt es dem Gehirn, sich an Hilfsmittel zu gewöhnen. Auch bei Hörstörungen, die nicht mit Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten therapiert werden können, ist eine frühe Diagnose sehr wichtig.
Quellen:
- Neurobiologie des Verhaltens – Kurzgefasstes Lehrbuch für Psychologen, Mediziner und Biologen, Jörg-Peter Ewert, Hans Huber Verlag, 1998,
ISBN: 3-456-82994-9 - IDW-Online: Wunder durch Technik: Wie taube Menschen dank moderner Technologie wieder hören können, 21.04.2009, HörTech